Wasser-/Eiweißquotient bei Zuchtgarnelen
Referenzdaten geben Aufschluss über die Aussagekraft des Wasser-/Eiweißquotienten zur Bewertung von Food Fraud
Aug. 2021. Food Fraud ist bei Seafood ein relevantes Thema für Importunternehmen und Handelspartner:innen. Bei Garnelen wird üblicherweise der Wasser-/Eiweißquotient zur Beurteilung des Fremdwassergehalts herangezogen, um manipulierte Produkte zu identifizieren. Die aktuell verfügbaren Referenzwerte variieren allerdings deutlich und es herrscht Unsicherheit, was im Sinne einer Verkehrsauffassung als „natürlich“ anzusehen ist und erwartet werden darf.
Im Auftrag des Deutsche Seafood Verbands e.V. hat Eurofins deshalb eine Untersuchung durchgeführt, in der Referenzdaten für den Wasser-/Eiweißquotienten unter Berücksichtigung wichtiger Faktoren wie dem Rohproteingehalt oder der Bearbeitungsstufe erhoben wurden. Im Folgenden haben wir die zentralen Studienergebnisse für Sie zusammengefasst.
"Ermittlung von Referenzdaten für den Wasser-/Eiweißquotienten bei Zuchtgarnelen der Art Litopenaeus vannamei in relevanten Ursprungsländern unter Berücksichtigung der Bearbeitungsstufen"
Erschienen in der DLR - Deutsche Lebensmittel-Rundschau, 117. Jahrgang Juni 2021 Behr's Verlag | Hamburg | ZKZ 9982. Die Publikation ist hier für Sie zum kostenfreien Download erhältlich.
Warum Garnelen der gleichen Art eine unterschiedliche Bissfestigkeit haben können
Garnelen sind als ein relativ teures Lebensmittel anfällig für Lebensmittelverfälschung (engl. Food Fraud). Insbesondere der nicht deklarierte Wasserzusatz spielt hier eine wichtige Rolle und beeinflusst die Zusammensetzung und dadurch die sensorischen Eigenschaften des Produktes. Durch einen Wasserzusatz ändert sich beispielsweise die Konsistenz derart, dass die Garnele knackig und saftig wird. Viele Verbraucher:innen sehen darin eine positive Eigenschaft, die sie mit gutem Geschmack und hoher Qualität verbinden. Hersteller:innen und Importunternehmen sind verpflichtet, einen Wasserzusatz über 5 % kenntlich zu machen. Handelslabore und die amtlichen Überwachungsbehörden überprüfen und bewerten die Verkehrsfähigkeit von Garnelen z.B. auf Basis des Wasser-/Eiweißquotienten. Können dadurch Manipulationen und fehlerhafte Deklarationen sicher identifiziert werden oder bedarf es ausführlicherer analytischer Untersuchungen?
Für eine valide Datenbasis: Probenahme entlang der Wertschöpfungskette
Die Probenahmen im Rahmen der Untersuchung wurden durch Eurofins bzw. unabhängige Partner in den Ländern Ecuador, Vietnam und Indien nach zuvor festgelegten Anweisungen durchgeführt. Alle Proben wurden direkt bei der Probenahme versiegelt, um eine nachträgliche Manipulation auszuschließen. Insgesamt wurden anhand eines standardisierten Prüfplans jeweils sechs bzw. sieben technologische Bearbeitungsstufen einzeln beprobt. Dabei wurden zwei Größensortierungen und das Lebensumfeld berücksichtigt. Um möglichst unverfälschte Ergebnisse zu erhalten, wurden Proben sowohl vor Ort, als auch nach dem üblichen Verfahren in Deutschland analysiert. Zur Erhebung der Referenzdaten wurden die Parameter Wasser, Eiweiß, Natrium, Chlorid, Kalium und Phosphor sowie der pH-Wert bestimmt.
Rohproteinverlust durch technologische Bearbeitung erhöht den Wasser-/Eiweißquotienten
Eine wesentliche Rolle bei der Bewertung des Wasser-/Eiweißquotienten und den damit verbundenen Fremdwasserberechnungen spielt der absolute Rohproteinverlust während der technologischen Bearbeitungsschritte. Durch mechanische Belastung, den Einsatz von Wasser und Eis zur Kühlung und zum Spülen oder den Transport in Wasserbecken wird Rohprotein ausgeschwemmt. Hierbei ist auch die Dauer des jeweiligen Prozessschritts zu berücksichtigen. Ein „erhöhter“ Wasser-/Eiweißquotient bedeutet somit nicht zwingend, dass Fremdwasser zugegeben wurde – der Rohproteinverlust muss mitberücksichtigt werden.
Wasseraufnahme bei Zuchtgarnelen und ihre technologischen Grenzen
Immer wieder werden von amtlicher Seite auf Basis chemischer Daten Fremdwassergehalte berechnet, die im mittleren zweistelligen Bereich liegen. Der Wasseraufnahme bei Zuchtgarnelen sind allerdings technologische Grenzen gesetzt. So können auf Basis technologischer Erfahrungswerte etwa bis zu 25 % Wasserzusatz durch pH-Wert-Verschiebung und/oder wasserbindende Zusätze (z.B. Diphosphate) erreicht werden.
Beurteilung von gehandelter Ware
Für die Bewertung von Produkten, die im freien Warenverkehr gehandelt, also im Einzel- oder Großhandel vertrieben werden, stellt sich die Frage, ob richtigerweise der Wasser-/Eiweißquotient je Bearbeitungsschritt definiert werden müsste. Allerdings kann dieser auch innerhalb einer Bearbeitungsstufe aufgrund der Herkunft und Größe der Tiere stark variieren. Folglich stellt sich die Herausforderung, einen allgemeinen Durchschnittswert zu definieren.
Die Untersuchung einer Vielzahl von Proben, die einer vergleichbaren Behandlung und Analytik unterzogen wurden, zeigt die hohe Variabilität in Bezug auf die Zusammensetzung der Garnelen, abhängig von der Provenienz und den Lebensbedingungen.
Fazit: „Den einen“ Beurteilungsparameter bei Garnelen gibt es vermutlich nicht
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der analysierte Wasser-/Eiweißquotient nicht zwangsläufig die alleinige Wasseraufnahme widerspiegelt, da technologische Bearbeitungsschritte zu einem absolutem Rohproteinverlust führen. Der Wasser-/Eiweißquotient kann somit nicht als valides und ausschlaggebendes Kriterium zur Bewertung von Food Fraud bei Zuchtgarnelen der Art Litopenaeus vannamei herangezogen werden. Vielmehr muss die Zusammensetzung der Garnelen in Bezug auf Rohproteingehalt, pH-Wert und Elemente wie z.B. Chlorid, Natrium und Kalium im Gesamtzusammenhang bewertet werden.
Die genauen Analyseergebnisse, sowie weitere Details und Abbildungen, finden Sie in der Originalveröffentlichung, erschienen in der Deutschen Lebensmittel-Rundschau. Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an unseren Autor Markus Paul.
Alle Untersuchungen von Fisch und Seafood aus einer Hand
Neben Fragen der Authentizität deckt das umfassende Portfolio von Eurofins für Fisch und Aquakultur auch relevante Analysen in den Bereichen Mikrobiologie, Tierarzneimittelückstände und Kontaminanten ab. Unsere Expertinnen und Experten beraten Sie gerne und erarbeiten einen individuellen Prüfplan für Ihre Produkte. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an Ihren persönlichen Acount Manager oder Ihre persönliche Account Managerin.