Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) in Lebensmitteln
Überblick über die oberflächenaktiven Industriechemikalien
Dez. 2023. Aufgrund der vielfältigen Einsatzbereiche von Quartären Ammoniumverbindungen (QAV) kommt es immer wieder zu Rückständen von diesen in Lebensmitteln. Eine leistungsfähige Analytik dieser Wirkstoffe ist daher besonders wichtig.
Wir geben Ihnen einen Überblick über die chemische Struktur und Einsatzgebiete der QAV und erklären Ihnen, in welchen Lebensmitteln sie als Rückstände zu finden sind und wie die toxikologische Betrachtung sowie rechtliche Einordnung aussehen.
Chemische Struktur und Einsatzgebiete
Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV, Quats) sind Industriechemikalien aus der Gruppe der kationischen Tenside. Das heißt, sie verfügen über eine hydrophile (wasserliebende) positiv geladene Kopfgruppe und einen lipophilen (fettliebenden) Alkylrest. Durch diesen zweiteiligen molekularen Aufbau besitzen QAV eine oberflächenaktive Wirkung, die es ihnen ermöglicht, zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten zu suspendieren oder unlösliche Feststoffe zu emulgieren.
Aufgrund ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften finden QAV unter anderem Einsatz in Reinigungsmitteln und Emulgatoren im kosmetischen und pharmazeutischen Bereich.
Darüber hinaus verfügen einige QAV über eine antiseptische Wirkung, da sie durch ihre grenzflächenaktive Wirkung die Zellen von Pilzen, Viren und Bakterien schädigen können. Hier sind vor allem Benzalkoniumchlorid (BAC, ein Gemisch aus Benzylalkyldimethylammoniumchloriden mit Alkylketten der Längen C8, C12, C14, C16 und C18) sowie Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC, unter diesem Namen werden auch Gemische mit Alkylkettenlängen von C8, C10 und C12 gezählt) von Bedeutung. Aufgrund der grenzflächenaktiven Wirkung werden QAV häufig in Präparaten zur Oberflächen-, Hand- und Wunddesinfektion verwendet. Besonders im Rahmen der Corona-Pandemie hat der weltweite Einsatz QAV-haltiger Desinfektionsmittel stark zugenommen.
QAV-Rückstände in Lebensmitteln
In der Lebensmittelproduktion werden QAV-haltige Desinfektionsmittel vor allem in besonders reinigungsintensiven Branchen wie der milch-, fisch- und fleischverarbeitenden Industrie eingesetzt. Dabei können QAV insbesondere in diese fett- und proteinreichen Matrices übergehen, wenn die verwendeten Desinfektionsmittel nicht durch ausreichenden Einsatz von heißem Spülwasser entfernt werden.
Besondere Beachtung fand das Thema QAV im Sommer 2012, als DDAC und BAC in Pflanzenstärkungsmitteln gefunden wurden, die zu vermehrten Befunden in Küchenkräutern führten. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Anwendung dieser QAV-haltigen Mittel zu Rückständen in einer Größenordnung führte, durch die die Produkte nach §9 LFGB nicht mehr als verkehrsfähig zu bewerten gewesen wären. Die betroffenen Pflanzenstärkungsmittel wurden daraufhin aus dem Verkehr gezogen[1]. Darüber hinaus gab es Hinweise, dass der Einsatz von QAV in Düngemitteln über einige Zeit gängige Praxis war[2].
Toxikologische Betrachtung
Bei den üblicherweise gefundenen DDAC- und BAC-Gehalten ist nicht von einer akuten oder chronischen Gesundheitsgefährdung der Allgemeinbevölkerung auszugehen. In Einzelbefunden wurden jedoch Gehalte nachgewiesen, bei denen eine akute Gesundheitsgefährdung für Kinder und Erwachsene nicht auszuschließen ist. Als Symptome können hier in erster Linie leichte, reversible Reizungen des Magen-Darm-Traktes auftreten.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat daraufhin für DDAC und BAC jeweils einen ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) von 0,1 mg pro kg Körpergewicht und Tag sowie eine akute Referenzdosis (ARfD) von 0,1 mg pro kg Körpergewicht abgeleitet[3,4].
Rechtliche Einordnung
Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2023/377 i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 396/2005 gilt derzeit für Benzalkoniumchlorid (Mischung aus Alkylbenzyldimethylammoniumchloriden mit Alkylkettenlängen von C8, C10, C12, C14, C16 und C18) ein vorläufiger Rückstandshöchstgehalt (RHG) von 0,1 mg/kg. Für Didecyldimethylammoniumchlorid (Gemisch quartärer Ammoniumsalze mit Alkylkettenlängen von C8, C10 und C12) wurde mit dem Inkrafttreten (14.09.2023) der Verordnung (EG) Nr. 2023/377 der RHG für pflanzliche Matrices von 0,1 mg/kg auf 0,05 mg/kg gesenkt. Für tierische Matrices gilt weiterhin der RHG von 0,1 mg/kg.
Es ist zu beachten, dass die vorläufigen RHG für BAC und DDAC binnen sieben Jahren nach Veröffentlichung der Verordnung (EG) Nr. 2023/377 erneut überprüft werden, um ggf. weitere Anpassungen vornehmen zu können[5,6].
Analytik
Die Gruppe der quartären Ammoniumverbindungen konnte lange Zeit nur mittels Einzelmethode analysiert werden. Die Eurofins Laboratorien für Lebens- und Futtermittelanalytik in Deutschland konnten die Summenparameter Benzalkoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid jedoch erfolgreich in ihre QuEChERS-basierten Multimethoden integrieren. So können diese neben einem breiten Spektrum von Pestiziden gemäß der gültigen Rückstandsdefinition und der entsprechenden Bestimmungsgrenze schnell und kostengünstig miterfasst werden.
Bitte beachten Sie: Eine Verwendung von Desinfektionsmitteln mit QAV in Bereichen, in denen Labormuster genommen werden, oder von Personen, die mit Labormustern in Kontakt kommen, kann zu positiven Ergebnissen in der Laboranalyse führen.
Kontaktieren Sie uns!
Haben Sie Fragen zur Analyse von QAV? Kontaktieren Sie Ihre:n persönliche:n Kundenbetreuer:in oder wenden Sie sich direkt an unsere Expert:innen.
Relevante Quellen
[1] ECHO-Stoffbericht „Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV), Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, 2014, S.1 f.
[2] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Rückstände von quartären Ammoniumverbindungen in Lebensmitteln
[3] BfR, Stellungnahme Nr. 032/2012 vom 13. Juli 2012: Gesundheitliche Bewertung der Rückstände von Benzalkoniumchlorid in Lebensmitteln
[4] BfR, Stellungnahme Nr. 027/2012 vom 9. Juli 2012, ergänzt am 21. Januar 2013: Gesundheitliche Bewertung der Rückstände von Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) in Lebensmitteln
[5] Verordnung (EU) 2023/377 hinsichtlich der Höchstgehalte an Rückständen von Benzalkoniumchlorid, Chlorpropham, Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC), Flutriafol, Metazachlor, Nikotin, Profenofos, Quizalofop-P, Natriumaluminiumsilicat, Thiabendazol und Triadimenol in oder auf bestimmten Erzeugnissen
[6] Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs