Novel Food: Insekten – Nahrung der Zukunft?!
Aktueller Status der Risikobewertung und Zulassungssituation
Jan. 2023 (Update). Insekten als Nahrungsmittel und besonders als alternative Proteinquelle sind in Europa auf dem Vormarsch. Erfahren Sie, was sie so interessant macht, welche Insekten bis heute zugelassen wurden und welche Gesetze und Risikofaktoren bei der Vermarktung zu berücksichtigen sind.
Potenzial von Insekten als Lebensmittel
Gründe für die zunehmende Attraktivität von Insekten als sog. Novel Food sind ihr hoher ernährungsphysiologischer Wert (hoher Eiweißgehalt, vitamin- und nährstoffreich) und ihre kosten- und ressourcenschonende Aufzucht, welche sich u. a. durch ihren kurzen Entwicklungszyklus, ein schnelles Populationswachstum, eine hohe Gewichtszunahme pro Tag und eine hohe Umwandlungsrate von Futtermittel in Körpergewicht auszeichnet (van Huis et al., 2013). Bereits 50 % der 14- bis 29-jährigen Bevölkerung können sich den Konsum von Insekten als Maßnahme vorstellen, die wachsende Bevölkerung zukünftig ernähren zu können (forsa Ernährungsreport 2019/2020).
Rechtlicher Status quo
Europaweit gelten Speiseinsekten und insektenhaltige Lebensmittel als neuartiges Lebensmittel und müssen nach der Novel-Food-Verordnung (EU) 2015/2283 vorab gesundheitlich bewertet und zugelassen werden. Mit Hilfe der Übergangsregelung des Art. 35 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 war es Unternehmen bisher möglich, auch ohne Zulassung das jeweilige Insekt oder Produkte daraus als Lebensmittel zu vertreiben, solange ein Zulassungsantrag gestellt wurde.
Auch die Einfuhrländer von Insekten, welche zum menschlichen Verzehr bestimmt sind, sind durch Art. 20 der Verordnung (EU) 2019/626 geregelt. Am 15. Februar 2021 wurde dies mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/17 um ein weiteres Drittland ergänzt, sodass neben Kanada, Südkorea, Thailand und der Schweiz nun ergänzend auch Vietnam dazu zählt.
Larve des gelben Mehlwurms machte den Anfang
Am 4. Mai 2021 wurde über die EU-Kommission verkündet, dass dem Entwurf einer Durchführungsverordnung durch den Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCOPAFF) zugestimmt wurde und somit die Larve des gelben Mehlwurms (lat. Tenebrio molitor) aus der Familie der Schwarzkäfer als neuartiges Lebensmittel zugelassen wurde.
Risikobetrachtung der EFSA
Grundlage für die Entscheidung war eine Risikobetrachtung, welche durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, kurz EFSA) durchgeführt wurde. Am 13. Januar 2021 hatte die EFSA mit der Betrachtung des gelben Mehlwurms erstmals eine Risikobewertung für ein Insekt veröffentlicht, welches als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll. Laut EFSA ist die Sicherheit des Verzehrs von Mehlwürmern grundsätzlich als positiv einzustufen, wobei die Larven des Mehlkäfers "sowohl als ganzes, getrocknetes Insekt als auch in Pulverform" für den menschlichen Verzehr unbedenklich sind.
Des Weiteren enthalten die Larven in erster Linie Protein, Fett und Ballaststoffe; ihr Verzehr sei daher „ernährungsphysiologisch nicht nachteilig“. Allerdings kann es aufgrund von Kreuzreaktionen zu allergischen Reaktionen bei Personen kommen, die bereits auf Krebstiere oder Milben allergisch sind. Zusätzlich können Kontaminationen durch das Futter der Larven zu weiteren allergieauslösenden Inhaltstoffen der neuartigen Lebensmittel beitragen. Laut EFSA ist es daher sinnvoll, weitere Studien zum Allergenpotenzial der Larven durchzuführen. Eine Kennzeichnung bisheriger Produkte auf mögliche Allergene erfolgt bislang auf freiwilliger Basis.
Weitere Insekten zugelassen
Seit der Zulassung des Mehlwurmes sind weitere Insekten für den menschlichen Verzehr hinzugekommen. So wurde am 12. November 2021 die Wanderheuschrecke Locusta migratoria und am 10. Februar 2022 die Hausgrille Acheta domesticus, auch bekannt als Heimchen, als neuartiges Lebensmittel durch die Europäische Kommission zugelassen.
Am 5. Januar 2023 wurde die Larve von Alphitobius diaperinus, auch bekannt als Getreideschimmelkäfer, dieser Liste hinzugefügt. Dies erlaubt dem Antragsteller (dem Unternehmen Ynsect NL B.V. ) die Verwendung von Larven von Alphitobius diaperinus in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter (gemahlener) Form als Lebensmittelzutat in einer Reihe von Lebensmittelerzeugnissen für die allgemeine Bevölkerung sowie in Pulverform in Nahrungsergänzungsmitteln für Erwachsene. (Durchführungsverordnung (EU) 2023/58 der Kommission vom 5. Januar 2023)
Ein weiterer Antragsteller erhielt im Januar 2023 außerdem die Zulassung für die Verwendung von teilweise entfettetem Pulver aus Acheta domesticus (Durchführungsverordnung (EU) 2023/5 der Kommision vom 3. Januar 2023). Die Hausgrille war bereits im Februar 2022 in gefrorenem, getrocknetem und pulverförmigem Zustand zugelassen worden.
Die Verwendung von Insektenbestandteilen muss in der Zutatenliste ausgewiesen werden.
Das Inverkehrbringen der Insekten ist für die Dauer von fünf Jahren innerhalb der Union auf die Antragsteller begrenzt oder nur mit deren Genehmigung gestattet (ausgenommen bei Neuantragstellung anderer Antragsteller).
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