Wissenswertes zur Umsetzung der Verordnung (EG) 2073/2005 bei Fleisch und Fleischerzeugnissen
Das HACCP-Konzept als Schlüssel zum erfolgreichen Pathogenmanagement
März 2021. Kürzlich wurden in der Fleischbranche mehrere Entscheidungen zur Umsetzung der europäischen Verordnung über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel getroffen, die die Pflichten und Konsequenzen bei Vorstufen- und Endprodukte für Unternehmer:innen alle Lebensmittelgruppen verdeutlichen. Daher skizzieren wir Ihnen hier die Ausgangslage und zeigen auf, welche Empfehlungen Sie daraus für Ihr eigenes Lebensmittelsicherheitsmanagement ableiten können.
Regelungen zu Salmonellen und Listerien in Fleischerzeugnissen gemäß VO (EG) Nr. 2073/2005
Nach Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 zählen Salmonellengrenzwerte zu den Lebensmittelsicherheitskriterien. So dürfen Salmonellen in Fleischzubereitungen aus Geflügelfleisch, Hackfleisch sowie anderen Fleischarten, die zum Verzehr im durcherhitztem Zustand bestimmt sind, nicht nachweisbar sein (negativ in 25 g Geflügelfleisch bzw. 10 g anderer Fleischarten). Herstellende Unternehmen müssen ihre Produkte im abgabefertigem Zustand zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit beproben. Falls die mikrobiologische Untersuchung des Produktes eine Kontamination mit Salmonellen aufweist, muss das Produkt vom Markt genommen und die zuständige Behörde über die veranlasste Rücknahme informiert werden.
Bei Listerien gilt, dass bei Lebensmitteln, die das Wachstum von Listeria monocytogenes begünstigen, der Nachweis in 25 g negativ sein muss, bevor das (Vor-)Produkt die unmittelbare Kontrolle des Lebensmittelunternehmens verlässt. Bei verzehrfertigen Erzeugnissen darf ein Grenzwert von 100 KbE/g bis zum Ende der Haltbarkeit nicht überschritten werden. Zudem muss der Probenahmeplan eine Beprobung der Verarbeitungsbereiche und Ausrüstung vorsehen.
Listerien und Challengetests im Fokus der Behörden
Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 regelt, dass bei verzehrfertigen Lebensmitteln, die das Wachstum von Listeria monocytogenes begünstigen, bis zum Ende der Haltbarkeit ein Wert von 100 KbE/g nicht überschritten werden darf. Folglich gilt es, das Vermehrungspotential von Listerien im jeweiligen Lebensmittel zu klären. Eine besondere Bedeutung im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrollsysteme haben dabei Challengetests, mit denen das Wachstumspotential von Listerien in oder auf Lebensmitteln quantifiziert werden kann.
Wie im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 vorzugehen ist, wird in den Behörden der Lebensmittelüberwachung unter Zuhilfenahme sog. Entscheidungsbäume festgestellt. In Baden-Württemberg wurde der Entscheidungsbaum mit Blick auf Listerien und Challengetests kürzlich überarbeitet. Dieser ist nun zwischen den einzelnen Bundesländern abzustimmen.
Bei sehr leicht verderblichen Lebensmitteln, die nach kurzer Zeit eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum durch das Verbrauchsdatum ersetzt. Klassisch seien hier Hackfleisch oder Geflügelprodukte genannt. Aber auch bei verzehrfertigen Lebensmitteln, die die Vermehrung von Listerien begünstigen (z.B. Wurstaufschnitt), kann nach Ablauf einer mehrwöchigen Haltbarkeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit auftreten. Lebensmittel, bei denen die Gefahr einer Kontamination mit Listerien nicht ausgeschlossen werden kann, sind deshalb nach Ablauf der Haltbarkeit als nicht sicher zu betrachten.
Sicherheit von der Vorstufe bis zum Endprodukt:
Salmonellen als Lebensmittelsicherheitskriterium am Beispiel von Fleischdrehspießen
Der eingangs dargelegte Umgang mit Listerien verdeutlicht, dass die Verantwortung des Lebensmittelunternehmens entlang der gesamten Prozesskette mikrobiologische Kriterien gemäß der VO (EG) 2073/2005 einschließt. Bestätigt wird dies auch durch eine aktuelle gerichtliche Entscheidung bzgl. Salmonellen.
Ein lebensmittelproduzierendes Unternehmen stellte rohe Fleischspieße her, fror diese ein und verkaufte sie an die Gastronomie mit dem Hinweis „Vor dem Verzehr vollständig durchgaren.“ Dort wurden die Fleischspieße erhitzt und als Döner Kebab an Endverbraucher:innen verkauft. Nach dem Hygienekonzept des Lebensmittelunternehmens wurden vor der Auslieferung stichprobenartig Eigenkontrollen durchgeführt. Das betriebliche HACCP-Konzept des Unternehmens sah bei einem positiven Salmonellenfund keinen Rückruf vor, da im Ergebnis (durch die Erhitzung) ein sicheres Lebensmittel vorläge.
Die zuständige Lebensmittelüberwachung bemängelte dies jedoch. Aus Sicht der Behörde läge das Ergebnis erst vor, wenn das Erzeugnis beim Kunden und somit bereits in Verkehr sei. Der positive Salmonellenbefund sei folglich ein Kriterium, dass die Akzeptabilität des Lebensmittels betreffe.
Das Bundesverwaltungsgericht gab der Lebensmittelüberwachung Recht. Laut Urteil (14.10.2020 – Aktz. 3 C 10.19) sei es irrelevant, ob eine Gesundheitsgefährdung der Endverbraucher:innen durch ordnungsgemäßes Durchgaren in den Gastronomiebetrieben vermieden werden könne oder das Lebensmittel bereits in Verkehr gebracht wurde. Die mikrobiologischen Kriterien müssen den Vorgaben der europäischen Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 entsprechen. Somit wurde der Salmonellenfund als Lebensmittelsicherheitskriterium bewertet und der Lebensmittelunternehmer zur Anpassung des Hygienekonzeptes aufgefordert.
Konsequenzen für Ihr betriebliches HACCP-Konzept
Die hier skizzierten Beispiele verdeutlichen, dass alle Lebensmittelunternehmer:innen auf allen Stufen der Herstellung verpflichtet sind, Untersuchungen nach der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 vorzunehmen. Bei mikrobiologischen Überschreitungen sowie unbefriedigenden Ergebnissen bei Lebensmittelsicherheitskriterien muss eine Rücknahme der betroffenen Charge im Sinne der Verordnung stattfinden.
Die Verordnung zielt auf ein hohes Schutzniveau der Gesundheit der Bevölkerung. Zur Vermeidung eines Produktrückrufs empfehlen wir Lebensmittelunternehmer:innen daher, die geforderten Untersuchungen bereits vor der Abgabe an den Handel oder an Verbraucherinnen und Verbraucher durchführen. Hierzu bedarf es eines auf den HACCP-Grundsätzen beruhenden Hygienekonzepts, um die Einhaltung der Sicherheitskriterien auf allen Stufen der Herstellung, der Verarbeitung und des Vertriebs sicherzustellen.
Gemeinsam Lebensmittelsicherheit managen – mit Analysen von Eurofins
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