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Lebensmittel >> Food Testing News >> Ganzgenomsequenzierung von Listerien

Ganzgenomsequenzierung von Listeria monocytogenes und die Folgen für Lebensmittelhersteller und den Einzelhandel

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Dez. 2019. Die nach Nachweisen von Listeria monocytogenes (L. mono) ausgelösten jüngsten Rückrufe von Lebensmitteln unterstreichen die Notwendigkeit zuverlässige, qualitätssichernde Maßnahmen zur Beherrschung eines Listerien-Risikos einzusetzen. Für Sie als Lebensmittelunternehmer ergibt sich durch die Beauftragung der Ganzgenomsequenzierung die Möglichkeit, der Ursache einer Infektion im Betrieb auf den Grund zu gehen. Idealerweise können Sie eine Kontamination bis zu den Vorlieferanten zurückverfolgen, oder mit vorherigen Fällen im Betrieb abgleichen. Dadurch werden Rückschlüsse auf Verschleppungen oder Eintragungen in den Betrieb möglich.

Folgen von Listerien in Lebensmitteln

L. mono kommen ubiquitär vor, d. h. sie sind allgegenwärtig und werden über die gesamt Produktionskette übertragen. In der Lebensmittelherstellung kommen sie sowohl in Rohware vor, können aber vor allem eine große Bedeutung als Rekontaminationskeim haben.

Insbesondere bei Risikogruppen können sie zu schweren, auch tödlich verlaufenden, Infektionen führen. YOPIs (young, old, pregnant, immunocompromised) müssen aus diesem Grund in der Risikobewertung der Prozesskette und des Endproduktes einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Die 2017 in der gesamten EU am stärksten von Listeriose betroffene Gruppe waren ältere Menschen über 84 Jahre. Die Mortalitätsrate in dieser Altersgruppe lag bei 24 %; über alle Altersgruppen lag die Sterblichkeit bei 9 %. [EFSA Journal 2018;16(12):5500, ISSN: 1831-4732]

Listeria monocytogenes sind in der Regel psychrotroph, sie vermehren sich also auch in Kälte, und können bereits bei Temperaturen um ca. 2 – 4 °C ein Risiko für Lebensmittel darstellen. Dieser wichtige Punkt spielt bei der Kalkulation des Mindesthaltbarkeitsdatums eine entscheidende Rolle.

Derzeit werden von Seiten der Behörden humane Listeriose-Erkrankungen, deren Ursprung in lebensmittelbedingten Ausbrüchen von L. mono stehen, in den direkten Zusammenhang mit Produkten und Umfeldproben gebracht.

Bisher wurden die Beziehungen von Fall und (potentiellen) Quellen nur zwischen Behörden oder in Fachpublikationen kommuniziert, aber nicht wie in den zuletzt in den Medien aufgetretenen Fällen für die breite Masse. Mit welchen Auswirkungen müssen Handelsunternehmen nun rechnen? Was erwartet Lebensmittelhersteller?

Ganzgenomsequenzierung

Unter dem Überbegriff „Next Generation Sequencing” (NGS) versteht man Sequenziertechnologien im Hochdurchsatz. Eine Option ist hierbei die Ganzgenomsequenzierung („whole genome sequencing”, WGS), bei der das gesamte Genom sequenziert wird.

Die Serotypisierung von L. mono ist eine klassische Methode, um einen gefundenen mikrobiologischen Stamm weiter zu identifizieren. Der darüber hinausgehende Schritt der Ganzgenomsequenzierung eines Bakteriums ähnelt der Erstellung eines DNA-Profils eines Menschen in der Forensik. Durch die genaue Identifizierung der kompletten bakteriellen DNA-Sequenz (d. h. die Abfolge der Basen in der Desoxyribonukleinsäure) wird diese zum eindeutigen Fingerabdruck eines Bakteriums. Für L. mono bedeutet dies, dass dessen Genom mit 2,88 Millionen Einzelbasen komplett registriert wird.

Im Gegensatz dazu werden bei PCR-Methoden (Polymerase-Kettenreaktion), wie z. B. dem mikrobiologischen qualitativen Nachweis von L. mono, lediglich kurze partielle DNA-Sequenzen abgeglichen und ausgewertet.

Aufbau von Datenbanken

Die bei der Ganzgenomsequenzierung erfassten Daten werden in Datenbanken gespeichert und können zur weiteren Auswertung herangezogen werden. Hierbei werden aktuell unterschiedliche Typen genutzt, z. B.:

  • Öffentlich zugängliche, wie der GenomeTrakr der FDA
  • Behördliche, nicht einsehbare
  • Private, individuell für Kunden erstellte

Das Robert Koch-Institut (RKI) erfasst L. mono Isolate aus humanen Infektionen, das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) entsprechende Isolate aus Produkt- oder Umfeldproben (Schwämmchen/Tupfer). Weitere nationale Referenzlabore für L. mono innerhalb der EU erheben diese Daten in vergleichbarer Form.

Bei der derzeit von RKI und BfR verwendeten Vorgehensweise, die auch in den aktuellen medienwirksamen Fällen eingesetzt wurde, handelt es sich um die sogenannte Listeria monocytogenes cgMLST Methodik (core genome multilocus sequence typing).

Auf Basis der Ganzgenomsequenzierung werden 1.701 Gensequenzen bioinformatisch ausgewertet und mit den Daten einer öffentlichen Datenbank abgeglichen, so dass als Ergebnis ein Complextyp angegeben werden kann, der evtl. bereits in Publikationen des RKI (bspw. CT1248, Fall Sieber) oder durch die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) / ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control – Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) veröffentlicht wurde. Derzeit öffentlich bekannt sind etwa 9.000 Complextypen, die sehr regelmäßig und aktuell in hoher Anzahl erweitert werden.

Nutzen der Sequenzierung

Wird eine Verbindung zwischen spezifischen Stämmen und definierten Lebensmitteln sowie ggf. Umfeldproben hergestellt, ist es möglich, die Quelle verschiedener Lebensmittel in Bezug auf konkrete Infektionen bei Menschen zuzuordnen.

Das Verfahren kann auch privatwirtschaftlich dazu genutzt werden eine Kontaminationsquelle im Produktionsbetrieb sicher zu identifizieren, oder im Rahmen der Lieferkettenkontrolle eine Verkeimung im Endprodukt auf Rohstoffe und Lieferanten einzugrenzen.

Fazit

Mit den technischen Voraussetzungen ist es heute mit hoher Genauigkeit und nur sehr geringen Einschränkungen möglich, einen direkten Zusammenhang zwischen humanen Erkrankungsfällen, Produkten, Unternehmen und somit auch Handelsunternehmen herzustellen. Dabei spielt die öffentliche Kommunikation eine nicht unerhebliche Rolle und muss im Risikomanagement jedes Unternehmens berücksichtigt werden.

Eurofins ist hier Ihr sicherer Partner, der mit der entsprechenden Diagnostik schnellste und zuverlässigste Ergebnisse liefern kann. Darüber hinaus kann Eurofins Handlungsempfehlungen geben und in der Erstellung oder Überprüfung des Listerienmonitorings unterstützen. Ganz neu im Portfolio ist bei Eurofins Deutschland die Listeria monocytogenes cgMLST Methodik, die direkt im Anschluss nach der Detektion/Isolierung des Stammes oder aber auch aus tiefgekühlt gelagerten Stämmen (-80 °C) durchgeführt werden kann. Zur Detektion stehen neben klassisch kulturellen Verfahren auch akkreditierte PCR- oder immunologisch basierte Schnellverfahren für die Matrix Lebensmittel aber auch für Umgebungsproben zur Verfügung.