Analyse von Neonicotinoiden
Bevorstehende Änderungen zu Thiacloprid und Acetamiprid
Aug. 2024. Die EU-Kommission plant, die aktuell geltenden Importtoleranzen für Thiacloprid aufzuheben und die Rückstandshöchstgehalte für die entsprechenden Produkte herabzusetzen. Weiterhin empfiehlt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die zulässige tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI), die Akute Referenzdosis (ARfD) und die Rückstandshöchstgehalte (MRL) für Acetamiprid zu senken.
Wir geben Ihnen einen kompakten Überblick über die anstehenden Änderungen bei Thiacloprid und Acetamiprid sowie über die Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide.
Geplante Aufhebung der EU-Importtoleranzen für Thiacloprid
Am 8. Mai 2024 hat die EU-Kommission die Welthandelsorganisation (WTO) darüber informiert, dass die Importtoleranzen für Thiacloprid aufgehoben und die Rückstandshöchstgehalte für alle Produkte auf die produktspezifischen technischen Nachweisgrenzen herabgesetzt werden[1]. Der aktuelle Entwurf der Verordnung zur Absenkung der Höchstgehalte für Thiacloprid PLAN/2023/961_Rev8[2,3,4] wird voraussichtlich am 11. Dezember 2024 im offiziellen Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt 6 Monate nach Veröffentlichung in Kraft. Eine Übergangsfrist ist nicht vorgesehen.
Die Zulassung von Thiacloprid wurde bereits am 3. August 2020 widerrufen. Die Aufbrauchfrist für Thiacloprid-haltige Formulierungen endete am 3. Februar 2021. Seitdem ist die Verwendung von Thiacloprid als Insektizid in der EU nicht mehr erlaubt. Allerdings bestehen für Thiacloprid aktuell noch für zahlreiche Produkte Importtoleranzen, die zum Teil deutlich über den produktspezifischen technischen Nachweisgrenzen liegen.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Verlängerung der Thiacloprid-Importtoleranzen (COM(2023)0739 – 2023/3005(RPS))[5] wurde nun vom Umweltausschuss des Europäischen Parlaments mit Verweis auf die potenziell schädlichen Wirkungen von Thiacloprid auf die menschliche Gesundheit sowie seine giftige Wirkung auf Wasserorganismen und bestäubende Insekten zurückgewiesen[6].
Frankreich hat im Februar 2024 ein nationales Gesetz erlassen, das das Inverkehrbringen von Obst und Gemüse, welches Rückstände von Thiacloprid über 0,01 mg/kg enthält, verbietet. Diese nationale Regelung wird aufgehoben, sobald die neue EU-Verordnung verabschiedet ist oder spätestens nach einem Jahr.
EFSA empfiehlt Senkung von ADI und ARfD für Acetamiprid
In ihrer neuesten Stellungnahme zu den toxikologischen Eigenschaften und Rückstandshöchstgehalten von Acetamiprid vom 27. März 2024 empfiehlt die EFSA, den ADI und die ARfD von 0,025 auf 0,005 mg/kg Körpergewicht pro Tag zu senken. Des Weiteren schlägt die EFSA eine Absenkung der Acetamiprid MRL von 38 verschiedenen Produkten vor, da die niedrigere ARfD für diese Produkte auch bei Einhaltung der bestehenden Acetamiprid MRL zum Teil deutlich über 100 % ausgeschöpft werden.
Hintergrund für die neuen Empfehlungen der EFSA sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass sich Acetamiprid schädlich auf die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem des Menschen auswirkt. Es bestehen jedoch noch Unsicherheiten bei der Beweislage der entwicklungsneurotoxikologischen Eigenschaften von Acetamiprid, weshalb weitere Daten erforderlich seien, um eine angemessene Gefahren- und Risikobewertung zu ermöglichen[7].
Aktuelle Rechtslage zu Neonicotinoiden in der EU
Die weltweit wirtschaftlich bedeutsamsten Neonicotinoid-Wirkstoffe sind Imidacloprid, Thiamethoxam, Clothianidin, Acetamiprid, Thiacloprid, Dinotefuran und Nitenpyram. Von den genannten Wirkstoffen ist in der EU jedoch nur noch Acetamiprid als Insektizid zugelassen. Für die anderen genannten Wirkstoffe mit Ausnahme von Nitenpyram, für welches der default MRL von 0,01 mg/kg gilt, bestehen Importtoleranzen für diverse Produkte.
Mit Ausnahme von Dinotefuran sollen die bestehenden Toleranzen in den kommenden Jahren schrittweise auf die produktspezifischen technischen Nachweisgrenzen abgesenkt werden.
Einsatz und Wirkungsweise von Neonicotinoiden
Neonicotinoide gehören zu den systemischen Insektiziden. Sie werden von Pflanzen über die Wurzeln und Blätter aufgenommen und verteilen sich systemisch in der gesamten Pflanze. Dadurch wirken die Wirkstoffe dieser Gruppe vor allem gegen beißende und saugende Insekten. Aufgrund ihrer systemischen Eigenschaften werden Neonicotinoide vor allem zum Beizen von Saatgut, aber auch als Spritzmittel und als Zusatz zum Gieß- oder Bewässerungswasser eingesetzt.
In Pflanzen werden Neonicotinoide nur langsam abgebaut, sodass sie über einen langen Zeitraum wirksam bleiben und vom Menschen direkt über die Nahrung aufgenommen werden können[8].
(Öko-)Toxikologie von Neonicotinoiden
Neben der toxischen Wirkung auf beißende und saugende Insekten hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Neonicotinoide auch auf bestäubende Insekten und aufgrund ihrer hohen Wasserlöslichkeit auch auf Wasserorganismen wirken. So bestätigt die EFSA beispielsweise eine Beteiligung der Wirkstoffe am vermehrten Bienensterben[9,10].
Neonicotinoide gelten als mäßig toxisch für Säugetiere. Einige Neonicotinoid-Wirkstoffe können jedoch ein hohes Potential zur Bioakkumulation sowie reproduktionstoxische und neurotoxische Wirkungen auf Säugetiere haben[11].
Wir unterstützen Sie bei der Analytik von Neonicotinoiden!
Neonicotinoide wie Imidacloprid, Acetamiprid und Thiacloprid werden standardmäßig mittels LC-MS/MS bestimmt. Die Eurofins Labore für Lebens- und Futtermittelanalytik in Deutschland bieten Ihnen die Analyse von Neonicotinoiden in nahezu jedem LC-MS/MS Pestizidscreening, bzw. in jedem Screening Paket, das einen flüssigchromatografischen Test umfasst, an. Auf diese Weise unterstützen wir Sie bei der Analyse von Neonicotinoiden für ein breites Spektrum von Produkten.
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Relevante Quellen
[1] WTO (2024). Committee on Sanitary and Phytosanitary Measures (Notification) (PDF-Datei)
[2] PLAN/2023/961_Rev8; Amending Annexes II and V to Regulation (EC) No 396/2005 of the European Parliament and of the Council as regards maximum residue levels for thiacloprid in or on certain products (PDF-Datei)
[3] PLAN/2023/961_Rev8; Annex (PDF-Datei)
[4] PLAN/2023/961_Rev8; Annex V (PDF-Datei)
[5] Europäische Kommission (2023). Proposal for a Council Regulation amending Annex II to Regulation (EC) No 396/2005 of the European Parliament and of the Council as regards maximum residue levels for thiacloprid in or on certain products (PDF-Datei)
[6] Europäische Kommission (2024). Entschliessungsantrag zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Höchstgehalte an Rückständen von Thiacloprid in oder auf bestimmten Erzeugnissen (PDF-Datei)
[7] EFSA (2024). Statement on the toxicological properties and maximumresidue levels of acetamiprid and its metabolites
[8] Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (2024). Neonicotinoide - ein Risiko für Bienen
[9] EFSA (2018). Neonicotinoide: Risiken für Bienen bestätigt
[10] LANUV NRW (2015). ECHO-Stoffbericht Neonicotinoide (PDF-Datei)
[11] EFSA (2013). EFSA assesses potential link between two neonicotinoids and developmental neurotoxicity